Wenn heute Abend das Testländerspiel Spanien gegen Deutschland angepfiffen wird (live ab 20.45 Uhr in der ARD) werden sich einige Zuschauer verwundert die Augen reiben. Auf beiden Seiten mussten die Nationaltrainer Absagen ihrer Stars hinnehmen und können im Prestigeduell zwischen dem amtierenden Europameister gegen den amtierenden Weltmeister nicht aus dem Vollen schöpfen. Dennoch steht auf beiden Seiten genügend Talent auf dem Rasen, um ein munteres Spiel stattfinden zu lassen.
Seit langem wird die deutsche Nationalmannschaft in ein Spiel gehen, in dem sie eine andere Rolle einnehmen wird, als es zuletzt der Fall war. Immerhin geht es gegen den amtierenden Europameister Spanien und das heißt für jeden Gegner, weniger Dominanz, weniger Ballbesitz und wenige Torchancen. Auch die Tatsache, dass nur drei Spieler in der Startelf stehen werden, die im WM-Finale gegen Argentinien (1:0 n.V.) zum Einsatz kamen, erklärt die Rolle der DFB-Auswahl. So wird im spanischen Vigo eine Elf auflaufen, die in dieser Konstellation noch nie zusammengespielt hat und in es in dieser auch nie wieder tun wird.
Löw dämmt Erwartungen
Auch Bundestrainer Joachim Löw ist im Vorfeld darum bemüht, die Erwartungen der deutschen Fans zu dämmen, da es angesichts der Personalsituation „im fußballerischen und taktischen Bereichen“ Abstriche zu machen gilt. Doch in puncto Einstellung wird Löw keine Entschuldigungen gelten lassen: „Ich erwarte eine hochengagierte Leistung“, machte der 54-Jährige vor dem letzten Länderspiel des Jahres unmissverständlich klar. Aber Löw weiß, dass gewisse Abläufe mit der Mannschaft nicht gelingen werden, doch ist es für jeden Spieler eine Chance zu zeigen, dass man sich auch in der Zukunft auf ihn verlassen kann.
Löw hatte mit Problemen seines Teams nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft gerechnet: „Dass wir Probleme haben, in den Alltag zu finden, war schon klar. So krass habe ich damit aber nicht gerechnet“, erläuterte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz und verwies auf die vielen Ausfälle und Verletzungen. So werden ihm heute gegen Spanien neben seinem etatmäßigen Kapitän Bastian Schweinsteiger auch Mats Hummels, Andre Schürrle, Mesut Özil, Julian Draxler, Marco Reus, Manuel Neuer und Jerome Boateng fehlen.
Drei Spanien-Legionäre in der deutschen Startelf
Gegen Spanien DFB-Kapitän: Spanien-Legioinär Sami Khedira © Steindy
Wer Neuer zwischen den Pfosten ersetzen wird, ist noch nicht ganz klar. Vieles spricht aber für ein Job-Sharing. Demnach würde Roman Weidenfeller beginnen und in der zweiten Halbzeit dann durch Ron-Robert Zieler ersetzt werden. Auf der rechten Verteidigerposition erhält der Stuttgarter Antonio Rüdiger eine erneute Bewährungschance, nachdem er zuletzt im Verein schwächelte. In der Innenverteidigung hat Spanienlegionär Shkodran Mustafi auf seiner angestammten Position die Möglichkeit zu zeigen, was in ihm steckt. Auch Benedikt Höwedes darf seit langem Mal wieder als Innenverteidiger ran. Das dürfte gegen die kleinen, schnellen und technisch versierten Spanier keine leichte Aufgabe werden. Erik Durm muss dagegen auf der linken Seite nun auch in der Nationalelf beweisen, dass er auf einem hohen Länderspiellevel spielen kann, denn zuletzt konnte der BVB-Verteidiger nicht wirklich überzeugen und lieferte schwache Partien im DFB-Trikot.
Mit Sami Khedira wird ein weiterer Spanien-Legionär in Diensten von Real Madrid als Kapitän das Team aufs Feld führen. Auf ihn und seinen Vereinskollegen Toni Kroos, die zusammen die Doppelsechs bilden sollen, wird viel Arbeit zukommen, gilt es doch das Team zu lenken.
Einsatzgarantie für Kevin Volland
Neben den erprobten Thomas Müller und Mario Götze wird es auch interessant werden, wie sich an vorderster Front der Hoffenheimer Kevin Volland, der vom Bundestrainer eine Einsatzgarantie bekommen hat, schlagen wird. Sicherlich keine Aufgabe, um die der Stürmer zu beneiden ist, denn bekanntermaßen hakt es im deutschen Spiel mit dem Zuspiel in die Spitze. Da gilt es ständig in Bewegung zu sein und seinen Mitspielern eine Anspielstation zu bieten. Auch Karim Bellarabi von Bayer Leverkusen wird es nicht leicht haben seine Sprintstärke auszuspielen, denn die Spanier bieten viele flinke, schnelle Spieler auf.
Auch Spanien mit Personalsorgen
Genau wie im deutschen Team wird es auch bei den Spaniern einige eher unbekannte Gesichter geben. Denn Nationaltrainer Vincent del Bosque muss auf viele seiner Stars verzichten. So werden ihm Cesc Fabregas, Diego, Iker Casillas, Andres Iniesta, und David Silva allesamt nicht zur Verfügung stehen. Trotz allem verfügt die Furia Roja über ausreichend Alternativen, um eine schlagkräftige Elf aufs Feld zu schicken.
Isco, Koke, Bernat, Alcacer: Spanien mit vielen Youngsters
Viele der jungen nachrückenden Talente sind mit der U21- oder U19-Europameister, Europa League- oder Champions League-Sieger geworden und lernen auf höchstem Niveau. Da wären zum einen von Real Madrid Isco und der beim Stadtrivalen Atletico spielende 22-jährige Koke zu nennen, die in die wichtige Rolle von Xavi und Xabi Alonso schlüpfen sollen. Koke stand mit seinem Verein in der letzten Saison im Champions League-Finale und ist derzeit zusammen mit Lionel Messi bester Vorbereiter in der spanischen Primera Division.
Juan Bernat ist den deutschen Fans nach seinem Wechsel zu Bayern München ein Begriff, wobei der variable Linksfuß für seinen neuen Arbeitgeber sowohl in der Bundesliga als auch der Champions League Woche für Woche glänzende Leistungen abruft, die ihm den Weg in die spanische Nationalmannschaft ebneten. Im Sturm sollen Alvaro Morata und Paco Alcacer zukünftig das Altduo David Villa und Fernando Torres ersetzen. Morata wechselte vor der Saison von Real Madrid zu Juventus Turin und traf in sieben Spielen bereits viermal. Durch seine Tore gewann Spanien die U19 und U21 Europameistertitel. Sein 21-jährige Sturmkollege Alcacer, der beim FC Valencia unter Vertrag steht, traf in vier A-Länderspielen schon drei Mal und ist aus der Stammformation kaum noch wegzudenken.
Auch wenn Löw gern mit einem positiven Ergebnis in die Winterpause gehen will, weiß er, dass das Jahr 2014 ein einzigartiges war: „Als erste europäische Mannschaft auf dem südamerikanischen Kontinent Weltmeister zu werden, das ist nicht mehr anzukratzen!“ Daran würde auch eine Niederlage im heutigen Test gegen Spanien nichts ändern.
Spanien – Deutschland: Die voraussichtlichen Aufstellungen
- Spanien: Casilla – Azpilicueta, Bartra, Sergio Ramos, Juan Bernat – Raul Garcia, Koke, Ignacio Camacho, Isco – Morata, Paco Alcacer
- Deutschland: Weidenfeller (Zieler) – Rüdiger, Mustafi, Höwedes, Durm – Khedira, T. Kroos – T. Müller, M. Götze, Bellarabi – Volland
TV-Hinweis: Spanien Deutschland live ARD
Das Testspiel Spanien Deutschland in Vigo wird heute live von der ARD übertragen. Anpfiff ist um 20.45 Uhr, wobei Steffen Simon das Prestigeduell der beiden Fußball-Großmächte kommentieren wird. Bereits ab 20.15 Uhr beginnt die Vorberichterstattung, zu der uns Moderator Matthias Opdenhövel und ARD-Fußballexperte Mehmet Scholl begrüßen werden.
Auf der ARD Mediathek oder aber via Magine TV gibt es einen kostenlosen Spanien Deutschland Livestream, so dass das Spiel auch unterwegs über das Internet auf Smartphone, Tablet oder am Rechner bzw. Notebook verfolgt werden kann.